Mein Hund hat IBD. Ein Erfahrungsbericht – Teil 1
Diagnose „Inflammatory Bowel Disease“, kurz IBD eine chronische Darmentzündung unbekannter Ursache, vergleichbar beim Menschen mit Morbus Crohn - und das sollte mein Hund haben?! Echt jetzt?!? Der neue Tierarzt erklärte mir alles ganz genau. Ich war wie benommen und kapierte höchstens die Hälfte. Ich fühlte mich, vorsichtig gesagt, wie von einem Zug überfahren.

Wenn alles plötzlich ganz logisch ist
Doch dann machte alles Sinn. Es war so, als passten die unzähligen verrückten Episoden der letzten Jahre wie Puzzleteilchen zusammen und zeigten deutlich das Bild der Krankheit meines Hundes. Einer Erkrankung, die vor langer Zeit begann und die bislang von keinem erkannt wurde, eigentlich trotz zahlreicher Hinweise.
Auf Spurensuche
Da waren zum Beispiel die Darmparasiten: Als Junghund zu uns gekommen, war Balu damals überraschend bis zur Halskrause voll mit Giardien und verfügte deshalb wahrscheinlich nur über ein mangelhaft ausgebildetes Immunsystem.
Dazu kamen schlechte Zähne (wegen der Brecherei), brüchige Krallen (Mangelerscheinung) und immer wieder gurgelnde Darmgeräusche, die durch den ganzen Raum hallten und vor denen sich unser Hund zum Teil selbst erschreckte.
Ein weiterer Hinweis: sein Heißhunger, der permanente, unstillbare Appetit, der vor GAR NICHTS Halt machte, weil der Körper wohl nie genügend mit Nährstoffen versorgt wurde und der Hund damit schlicht und ergreifend nie-nie-niemals satt war. Ok, dazu kam erschwerend, dass unser Fellträger irgendwo in der Verwandtschaft mal einen Beagle-Onkel oder eine Beagle-Cousine hatte. Ihm lag das Dauerfressen also zusätzlich im Blut.
Diese irre Fresserei - ACHTUNG EKLIG!
Besonders diese Fresserei (und die Konsequenzen daraus) zog sich wie ein roter, bisweilen ziemlich ekliger Faden durch unser Leben:
- Gefressene Buntstifte der Kinder, deren unverdauliche Reste sich in Form von mehrfarbigen Bergen von Erbrochenem auf dem weißen Wohnzimmerteppich wiederfanden.
- Harte Plastikteilchen aus dem Baukasten der Kinder, die aus Kackhaufen im Park lustig bunt herausblinkten.
- Farbige Ohrstöpsel meines Mannes, die als unversehrte, weil unzerkaut geschluckte Teilchen in zahlreichen Kothäufchen wieder ans Tageslicht kamen. (Keine Ahnung, warum mein Mann die nicht nochmal benutzen wollte, die sahen aus wie neu!!)
- Offene Tackernadeln, im Büro aufgeleckt, die so freundlich waren, sich durch heftiges Übergeben wieder aus dem Hundekörper zu entfernen.
- Eine Taschenlampe, aus der Innenverkleidung eines Autos gerissen und zerlegt, inklusive verschlucktem Glühbirnchen, dessen Einzelteile jedoch überraschend problemlos und unspektakulär wieder ausgeschieden werden konnten. Einer Schiene im Tatort Kofferraum verdankten wir das Weiterleben unseres Hundes, da die nur ein bisschen angenagten Batterien während der Tatausführung dort hineingekugelt und damit für die Hundeschnauze unerreichbar waren.
- Ein Ball, der halb im Garten verzehrt wurde und dessen Einzelteile trotz verschiedener Suchen in und außerhalb des Hundes zum Teil bis heute unauffindbar sind.
- Nicht näher eingehen möchte ich an der Stelle auf die unzähligen verschimmelten, vergammelten und verdorbenen Essensreste, die von unserem Hund stets freudig (und vor allem schnell) quasi eingesaugt wurden. Inklusive aller Dinge, die mit diesen Resten in Berührung gekommen waren: Steine, Holz, Plastik, Erde, Sand.
- Und als Krönung: eineinhalb Kilo (ja, genau: 1,5 kg!!) Trockenfutter-große Steine mit Grillfettgeschmack, gefunden und hastig geschluckt an einer Grillstelle, die in einer dreistündigen Notoperation, durchgeführt von zwei Tierärzten, wieder aus unserem Hund entfernt wurden.
Eine unendliche Geschichte

Doch der deutlichste Hinweis war seine unendliche Krankengeschichte rund um Magen-Darm mit diversen Highlights wie Bauchspeicheldrüsen-entzündung (drei Tage Tropf) und blutige Magenschleimhautentzündung (zwei Tage Tropf). Auch an der Stelle verzichte ich mal auf genauere Beschreibungen. Er wurde x-mal geröntgt mit dem Verdacht auf verschluckte Fremdkörper und immer wieder gab es die Annahme, dass er sich durch seine Leidenschaft, nicht nur alles zu fressen, sondern auch alles abzulecken, an irgendeinem „gerade herumgehenden Virus“ angesteckt hatte. Und dazu kamen natürlich die „normalen“ Erkrankungen: entzündete Ohren, verschleimte Augen & Co.
Gemeinsame Nächte
Für Balu und für uns hieß das:
- unzählbare gemeinsame Nächte mit Spaziergängen im Zwei-Stunden-Rhythmus im einsamen Park; Balu mit wässrigem, schleimigem oder sonst welchem ekligen Durchfall, wir bewaffnet mit Rollen von Tütchen und Taschenlampe
- immer wieder Balu, der erbricht, in allen Farben, Mengen und Konsistenzen zu allen Tages- & Nachtzeiten und mein Mann und ich, die mit der Beseitigung dieser Hinterlassenschaften beschäftigt waren. Ich erspare euch weitere eklige Details.
Nicht zu vergessen an dieser Stelle unsere erschrockenen Kinder („Stirbt er jetzt?“) und mein Rumgeheule („Jetzt stirbt er!“), weil auch ich des Öfteren dachte, sein letztes Stündlein habe nun tatsächlich geschlagen.
Ohne Maulkorb geht nix mehr
Eine Konsequenz war und ist, dass unser Hund, aus Sicherheits- & Nachtschlaf-Sicherungs-Gründen das Haus nur noch mit Maulkorb verlassen darf. Wer weiß schon, was alles draußen so rumliegt?!?

Was kostet eigentlich ein Hund?
Insgesamt sind das bis heute unglaubliche 88 Tierarztrechnungen in Höhe von 7838,41 Euro. Leider! Kein! Witz! Und dabei fehlen in dieser Sammlung die ersten beiden Jahre! Und das sind nur die Kosten für Arzt und Medikamente. Nicht die für Futter & Leckerchen, Ausstattung & Zubehör, Steuer & Versicherungen, Hunde-pension & Co. Das mal nur so nebenbei zur gern gestellten Frage „Wieviel kostet eigentlich ein Hund?“
Aktuelle Krise - schon wieder ziemlich EKLIG!
Und jetzt aktuell der Tiefpunkt: wiederkehrender schleimiger Durchfall und immer wieder Erbrechen, dazu deutlich sichtbar Bauchweh und ein schlapper Hund. Das Dauer-Super-Stinke-Pupsen sei hier nur mal am Rande erwähnt. Ein Hund, der immer wieder aufwacht, sich hinsetzt und schluckt und schluckt und schluckt. Durch diverse Vertretungen insgesamt vier verschiedene Tierärzte, immer wieder Spritzen, immer wieder durchwachte Nächte. Und immer wieder geht es von vorne los, jede Woche mindestens ein Zwischenfall und das seit rund drei Monaten.
Nun ein neuer Tierarzt und eine neue Diagnose. Ich wusste nicht, ob ich froh sein sollte, weil es endlich eine Erklärung gab, die alles logisch zusammenfügte oder wütend, weil ich es nicht fassen konnte, dass niemand in den Jahren vorher auf diese Idee gekommen war.
Dazu muss ich sagen: Die Diagnose ist nicht gesichert, es gibt keine Biopsie, keine Spiegelung, keine Laborergebnisse oder sonst was Schlaues. Es ist also nunmehr eine Vermutung. Aber eine ziemlich begründete Vermutung mit einer Logik, die nicht von der Hand zu weisen ist.
Und was kommt jetzt?
Das heiß jetzt konkret: Mono-Proteindiät. Also, Futter mit nur einer einzigen, seinem Darm bisher unbekannten Fleischquelle. Dazu im Akutfall Tabletten. Und dann: abwarten und beten. Hoffen, dass das alles in rund fünf, sechs Wochen Besserung bringt, hoffen, dass sich sein Darm wieder abregt und die Entzündung, die sich wo auch immer genau befindet, abklingt. Ansonsten Schritt zwei, weitere Untersuchungen, weitere Medikamente… Schritt drei… Schritt vier…
Ein langer, wahrscheinlich zeitweise steiniger Weg liegt vor uns allen, vor allem vor Balu. Wir gehen gemeinsam weiter und hoffen das Beste.
Das Fressmonster hat noch nicht fertig

Balu, Du ewig haarender Chaot, Du Fressmonster. Wie langweilig wäre unser Leben ohne Dich und was hätten wir schon alles verpasst?!
Niemals hätte ich gesehen, wie friedlich der Park bei Sonnenaufgang ist und wie unterschiedlich Erbrochenes aussehen kann.
Und wer braucht schon einen störungsfreien Nachtschlaf?!?
- Fortsetzung folgt -
Mein Tipp: Erkennst Du in Balus Geschichte die Deines eigenen Hundes wieder? Dann sprich den Tierarzt Deines Vertrauens unbedingt auf die Diagnose IBD an!
Hast Du eigene Erfahrungen und Erlebnisse zu diesem Thema? Hast Du hilfreiche Tipps, die Du weitergeben möchtest? Ich freue mich über Deinen Kommentar.
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